Der
Wanderer und sein Schatten
Er zählt die Wege die er
gegangen ist schon lange nicht mehr. Die Namen der Berge die
er
bestiegen und die der Täler
die er durchwanderte hat er vergessen. Immer wieder setzt er sich neue
Ziele
dort in der Ferne, aber
eigentlich ist er auf der Suche nach einem - nach seinem Ziel.
Immer ist er alleine
unterwegs, keine Freundin, keinen Freund mit dehnen er sich über seine
Ziele
unterhalten könnte. Vieles
wäre einfacher, aber es ist aussichtslos jeder sucht nur seine
eigene
Richtung. Vielen Wanderer
ist er im Laufe seines Lebens begegnet, hat sie nach dem Weg
befragt,
Niemand konnte ihm eine
verlässliche Beschreibung geben, keiner scheint wirklich Bescheid zu
wissen.
Alle reden nur über die
Sicherheit ihrer Ausrüstungen über die Genauigkeit ihrer
Navigationssysteme.
Sie tragen schwere Lasten
und werfen grosse Schatten. Früher hat er auch so gedacht, aber im
Laufe
seiner langen
Geschichte hat er sich nach und nach vom Balast befreit. In jungen Jahren las er
einmal in
einem Hüttenbuch, erst
wenn du keinen Schatten mehr wirfst bist du am Ziel und sein Schatten
ist
merklich kleiner
geworden. Endlich wieder ein Licht,
vielleicht etwas menschliche Wärme, Ruhe, Zeit um
nachzudenken. Im Hüttenbuch
sind seit unendlicher Zeit - alle Ziele der Wanderer exakt
aufgelistet,
keiner entgeht der strengen
Kontrolle des Hüttenwarts, aber jene Ziele sind nicht seine Ziele, jene
Wege
sind nicht seine
Wege.
Manchmal glaubt er, dieser
Ort sei sein Ziel. Aber es kommen immer neue Wanderer, der Platz
ist
beschränkt, alle
Liegestellen sind numeriert und die Ruhezeiten limitiert, er weiss morgen
müssen
sie alle wieder gehen. Die
Hüttenwarte sind unerbittlich. Es gibt Wanderer die tun so als ob sie den
Weg
kennen. Für einen Moment
kommt Hoffnung auf. Kaum sind sie wieder draussen unterwegs stimmen
die
Beschreibungen mit den
eigenen Beobachtungen nicht mehr überein. Ziel ist nicht gleich Ziel, Weg
ist
nicht gleich
Weg. Jeder ist wieder einsam -
jeder ist wieder auf seiner Suche.
©2007 Toni
Helbling |